Haben Eltern irgendwann irgendwie Sex?

Ein Kind verändert alles in einer Partnerschaft. Insbesondere den Sex. Oft ist die Lust auf einmal wie weggeblasen… Bei all dem Trubel rund ums Familienleben, der Rückkehr in den Job und der neuen Identität als Mama und Papa rückt die Frage, wann endlich Zeit für Intimität sein soll, ans Ende der Mental Load-Liste. Doch es gibt Wege, wieder Lust zu bekommen

Entspannt, sicher, sorglos und im Idealfall ausgeschlafen: So mag es unsere Libido am liebsten. Fällt all das aber weg, wird es mit dem Sex schwierig, denn dann sagt unser Lustzentrum: „Sorry, keine guten Bedingungen hier für mich. Ich bin dann mal weg.“

Willkommen im Leben von Eltern.

Wenn Kinder auf die Welt kommen, ist Sex erst einmal Mangelware. Da vergehen meist Monate, bis „es“ wieder dazu kommt. Gerade in der Zeit nach der Geburt ist körperliche Intimität so ziemlich das Letzte, an das ein Liebespaar denkt. 

Wie soll sie sich sexy fühlen, wenn sich „da unten“ alles anders anfühlt?

Noch vor kurzem hat die Frau gefühlt eine Melone durch die Vagina gepresst – der Bereich, der zuvor mit sexuell aufgeladenen Namen bedacht wurde. Kein Wunder also, dass sie unsicher ist, wenn es um ihren Körper und vor allem Geschlechtsteile geht. Damit einher geht die Angst, dass „es“ sich für beide Seiten nicht mehr so anfühlt wie vorher. Und wie soll sie sich begehrlich fühlen, wenn der Bauch noch schlapp ist und die Brüste vom Stillen angeschwollen sind und vielleicht sogar schmerzen. Von vielleicht traumatischen Geburtserlebnissen, die verarbeitet werden müssen, ganz zu schweigen.
Auch für die Männer ist die Geburtserfahrung nicht immer mit dem schönsten Erlebnis ihres Lebens gleichzusetzen – sie konnten zwar Seite an Seite erfahren, wie ihr Kind auf die Welt kam, aber nicht jeder kommt sofort mit all den Eindrücken rund um den Kreißsaal klar. Auch daran, dass da jemand anderes dem Körper der Partnerin näher ist, als sie es vorher waren, müssen sie sich eventuell gewöhnen.

Okay, erst mal geht es bergab mit dem Sexleben…

Die gemeine Wahrheit ist: Mit einem Kind wird eine Liebesbeziehung automatisch – erst einmal – schlechter. So ist das Ergebnis einer amerikanischen Langzeitstudie, die die Beziehung von Paaren untersuchte, die ihr erstes Kind bekamen. Das Baby rückt in den Mittelpunkt, seine Bedürfnisse stehen an erster Stelle.
Eine gewisse Zeit macht das Sinn. Wickeln, umsorgen, stillen oder Fläschchen geben, beruhigen, spielen, bestaunen – wann soll da auch noch groß Zeit für Sex sein?! Zudem gibt es wohl kaum ein einschneidenderes Erlebnis, als Mutter oder Vater zu werden, dieser Rollenwechsel – von Frau und Mann zu Mama und Papa – will schließlich auch erst einmal emotional bewältigt werden.

Aber kommt die Lust auch wirklich zurück?

Wenn die ersten Monate vergangen sind, steht sie dann im Raum, die Frage: Wo ist unsere Erotik geblieben? Wann kommt die Lust zurück? Kommt sie überhaupt zurück? Da werden (schuldbewusste) Blicke untereinander ausgetauscht, wenn andere Paare vom wieder aufkeimenden Sexleben berichten. Oder man ist erleichtert, wenn im Gespräch unter Freunden oder Freundinnen festgestellt wird, dass auch andere struggeln, sich regelmässig Paarzeit einzuräumen. Dennoch denken früher oder später wohl beide: „Jetzt wird’s Zeit – das muss endlich wieder wie früher werden…!“
Nun wird es kompliziert: Denn auch wenn man wüsste, dass man nun doch endlich wieder Sex haben müsste, ist es nicht einfach, dass auch hinzubekommen.
Denn die Libido wird immer wieder regelrecht torpediert von den Aussenreizen:
Ob das Overtouched-Phänomen, wenn die Mutter den ganzen Tag mit den Kindern beschäftigt ist, die förmlich an ihr „kleben“. Sie ist oftmals alles andere als begeistert, wenn die Hand ihres Partners am Abend unter Decke auf ihrer Hüfte landet.
Oder wenn Nacht für Nacht der Nachwuchs zwischen dem Paar schläft – und sich mit seinem kleinen Körper wie eine Uhr im Bett dreht und der Schlaf grausam unruhig ausfällt, weil da die Angst ist, von der Kinderferse aufs Nasenbein getroffen zu werden.
Oder wenn beide mitten in der Rush Hour of Life versuchen, den Spagat zwischen Job und Care-Arbeit hinzubekommen und doch das Gefühl haben, keinem von beidem gerecht zu werden.
Oder wenn wieder Streit darüber entbrennt, wer dran ist, das Kind ins Bett zu bringen, wer ausgehen darf oder wer am nächsten Tag einkauft.

Auf einmal sieht das Sofa sexier aus als der Partner

Am Ende des Tages sind beide erschöpft vom Alltag. Dann ist das Schönste am Tag, aufs Sofa zu sinken, gemeinsam eine Serie zu schauen, die nicht Peppa Wutz heißt, im Schoss eine Schale Chips und ein Babyphone, das ja keine Geräusche macht. Und man fragt sich, wie andere Eltern es schaffen, mehrere Kinder zu zeugen. Denn, siehe den Anfang des Textes, es muss sich auch die passende Stimmung einstellen.
Und doch ist für eine stimmige Beziehung körperliche Intimität auf Dauer immens wichtig. Sie prägt, mehr unbewusst, sogar die Grundstimmung innerhalb der Familie: „Die Qualität der Paarbeziehung entscheidet über die Stimmung und die Atmosphäre in der Familie“, sagte der verstorbene Familientherapeut und Erziehungsbestseller-Autor Jesper Juul. „Ihre Partnerschaft mit all ihrer Zärtlichkeit, ihrer Nähe und ihrem erotischen Spiel ist Ihr erstes Kind. Dieses Kind erfordert die gleiche liebevolle Aufmerksamkeit wie das Kind, das Sie geboren haben.“

Wie also schafft man es, wieder mehr Raum für Lust zu finden?

Das muss, so unromantisch es auch klingen mag, von nun an bewusst und vor allem aktiv gestaltet werden. Dass Sex spontan passiert, wie einst, in der Zeit ohne Kinder, davon sollte sich ein Paar verabschieden. Diese Freiheit existiert so nicht mehr. Die Möglichkeit, Sex zu haben, gibt es für die meisten Eltern nur, wenn das Kind schläft oder nicht zu Hause ist.
Paar-Quality-Time zu planen, mag sich vielleicht unsexy anhören. Aber dann hilft der Gedanke, den/die Partner:in wie eine Affäre anzusehen – da sind die Treffen und der Sex auch selten spontan. Aber aufregend, das ist eine Affäre allemal.
Ein Ortswechsel kann ebenso helfen. Viele Eltern können zu Hause nicht ausspannen, weil dort zu viel zu tun ist. Ein Wochenende zu verreisen und die Kinder zu lieben Verwandten und Freunden zu bringen erinnert zumindest für 24 bis 48 Stunden an frühere Zeiten.

Wie steht es mit dem Selbstwertgefühl?

Generell gilt, auch wenn der Alltag rund um die Karrieregestaltung und all dem Mental Load und der Erziehung wirklich viel ist, einen liebevollen Umgang zu pflegen – sowohl mit sich selbst als auch mit dem/der Partner:in. Für die Erotik ist es ein zusätzlicher Killer, wenn man sich ständig benörgelt. Etwas für sich selbst zu tun, hilft wiederum dabei, mehr Selbstwertgefühl zu entwickeln.
Eine offene Paarkommunikation über die Sexflaute ohne gegenseitige Schuldzuweisungen ist sicher nicht einfach, aber ratsam. Durch Gespräche mit dem Partner bzw. der Partnerin über die Emotionen, über gefühlte Ungleichheiten bei der Haus- und Care-Arbeit, über sexuelle Bedürfnisse und Ängste wiederum fördern das Verständnis, was in dem anderen vor sich geht.
Und wenn gar nichts hilft: Ein:e Familien- oder Paartherapeut:in ist eine kompetente Anlaufadresse für genau solche Probleme. Diese:r kann in gemeinsamen Sitzungen herausfinden, ob vielleicht mehr dahinter steckt, wenn zu wenig Lust zwischen den Elternteilen herrscht. Oder sie oder er hilft, die erotischen Bedingungen wieder herzustellen. Damit die Libido wieder Lust hat, zurückzukehren.

Ein besseres Sexleben zu bekommen, damit können wir natürlich nicht helfen – obwohl…: Awina ermöglicht Familien in der Rush Hour of Life, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Und dass heisst immerhin: weniger Stress und somit mehr Zeit für die Kinder – und den Partner.

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