Erst kommt mein Mann, dann meine Kinder

Wen würde man retten, wenn man sich entscheiden müsste: den Partner oder die Kinder? Unmögliche Frage? Definitiv. Die meisten Mütter und Väter würden sich für die Kinder entscheiden. Verena P.* hingegen hätte da ein paar persönliche Einwände.

„Natürlich, wenn das Haus brennt, würde ich mir sofort meine Kinder schnappen. Ist doch wohl logisch – wahrscheinlich, weil es ohnehin fest im genetischen Mama-Mindset verankert ist, dafür zu sorgen, dass der Nachwuchs „durchkommt“. Ausserdem setze ich darauf, dass mein Mann Jasper* sich auch selber retten würde können.

Die Frage, zwischen seinem Partner und den Kindern wählen zu müssen, ist natürlich völlig bescheuert, da sind wir uns sicher alle einig. Und dennoch hat sie sich wohl jede:r innerlich schon einmal gestellt – sie vielleicht sogar mit seinem Partner und Freund:innen diskutiert. Die meisten sagen dann ganz sicher, ohne mit der Wimper zu zucken: „Die Kinder. Da bin ich mir mit meinem Partner/meiner Partnerin einig.“ Nun, auch ich würde das vor allen so behaupten. Denken tue ich aber etwas anderes – und zwar, dass ich nicht auf meinen Partner verzichten wollen würde. 

Ich liebe meine Kinder – meinen Mann aber noch mehr

Ich fühle mich bei diesem Gedankenspiel wie die schlechteste Mama ever, aber es ist einfach so: Auf der Prioritätenliste meines Lebens steht mein Mann an erster Stelle. Ich liebe Jasper, wenn es denn verglichen werden muss, mehr als meine Kinder – und diese liebe ich auch abgöttisch. Aber es ist nun einmal so: Jasper ist alles für mich – mein bester Freund, mein leidenschaftlicher Liebhaber, mein Beschützer, mein Fels in der Brandung, mein Yin.

Wir waren der Anfang. Bevor die Kinder in unser Leben kamen, gab es nur uns zwei. Wir verliebten uns, telefonierten nächtelang, reisten in ferne Länder, in die wir auswandern wollten, kauften uns ein gemeinsames Bett und schworen uns, für immer zusammenzubleiben. Bevor ich Jasper kannte, war ich mir nicht einmal sicher, ob ich überhaupt Kinder haben wollen würde. Aber mit ihm war das auf einmal so selbstverständlich: Mit diesem Mann will ich eine Familie gründen. Ohne unsere Liebe gäbe es also diese beiden wundervollen Kinder nicht, für die wir so dankbar sind, weil sie unser Leben mit so viel Freude füllen. 

Ich sehne mich nach Leidenschaft und Innigkeit

Natürlich dreht sich unser Leben seit der Geburt sieben Tage die Woche um unsere Kinder. Wir durchleben durchwachte Nächte, Krankheiten, Wutanfälle und Lockdowns. Wir basteln, machen Ausflüge, Hausaufgaben, kutschieren sie zu Sportevents. Wir kuscheln und lachen mit ihnen, unterstützen sie bei fast allem und freuen uns meistens über die gemeinsame Zeit. Und sowieso: Kinder suchen es sich nicht aus, dass man sie in die Welt setzt – und das bedeutet für mich, dass wir Verantwortung übernehmen. Ich sehe es als unsere Aufgabe, ihnen uneingeschränkt Liebe und Geborgenheit zu schenken. Doch ich sehne mich ganz regelmässig nach meinem Mann, die Innigkeit mit ihm und ihn nur für mich zu haben. Mal wieder sorgenfrei in den Tag reinzuleben, Sex zu haben, ohne gleichzeitig auf tippelnde Schritte horchen zu müssen – einfach seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu bekommen und nicht mit einer Mental Load-Liste rumzurennen, die von hier bis Australien reicht. 

Was bleibt, wenn die Kinder ausziehen? Mein Mann!

Irgendwann, „schneller als ihr gucken könnt“, wie alle immer sagen, werden sie erwachsen sein, ausziehen und ihre eigenen Wege gehen. Dann wird es nur uns geben und wir werden wieder zu zweit sein. Da möchte ich nicht denken müssen: Wer ist der fremde Mann da, den ich längst nur noch „Papa“ nenne und der die Fernbedienung mit mehr Begehren anschaut als mich? Ich möchte immer noch Leidenschaft, Gemeinsamkeiten, grosse Gefühle. Und genau deswegen pflege ich unsere Beziehung, wo immer ich kann und opfere mich nicht bis zur Selbstaufgabe für meine Kinder auf. 

Als ich die Frage, wen ich im Worst Case Scenario wählen würde, mal mit meiner besten Freundin besprach und mich ihr gegenüber traute zuzugeben, dass ich vielleicht eher meinen Partner wählen würde, argumentierte sie: Partner seien austauschbar, Kinder jedoch niemals. „Irgendwann würdest du dich neu verlieben“, sagte sie ausserdem. Einerseits hat sie recht: Die Kinder sind ein Teil von mir. Würde ich auch nur eines verlieren, ich wüsste nicht, wie ich das bewältigen könnte und ob unsere Partnerschaft den Verlust aushalten würde, das gebe ich auch zu. Es ist einfach widernatürlich, seine Kinder zu verlieren. Andererseits: Wenn Jasper sterben würde, dann würde auch ein grosser Teil in mir sterben… Mag sein, dass ich irgendwann jemand neues finden würde, aber es wäre nie so wie mit Jasper.

Die Beziehung zwischen Eltern hat auch Vorbildfunktion

Ich hoffe also, wie jedes Elternteil, nie vor so einer Entscheidung stehen zu müssen. Stattdessen sage ich mir, dass ich ruhig zeigen kann, wie sehr ich meinen Mann liebe. Ich denke, dass wir unseren Kindern so sogar ein Vorbild sein können. Sie beobachten uns ja ohnehin ganz genau und kichern immer, wenn wir uns küssen und innig miteinander sind. Wir zeigen ihnen damit doch nur, wie verbunden wir als Paar sind – ist das nicht ein Stück weit das, was sich Kinder am meisten wünschen: Eltern, die sie lieben – mit einer intakten Liebesbeziehung…?“

*die Namen wurden auf Wunsch der Erzählerin geändert.

Bei Awina müssen sie sich für niemanden entscheiden – zum Glück. Wir unterstützen Familien in der Rush Hour of Life und helfen ihnen somit dabei, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. So bleibt mehr Liebe – für Partner:in und Kinder.

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