Finanzen, Versicherungen und Recht für Patchworkfamilien

Familien können ganz unterschiedlich aussehen – nämlich genau so, wie ihr sie definiert. Darin, dass das Patchwork-Leben mit einer Bonusfamilie nicht immer ganz einfach ist, gehen aber wohl die meisten Eltern einig. Wir helfen euch dabei, zumindest finanziell, rechtlich und versicherungstechnisch als Patchworkfamilie perfekt aufgestellt zu sein. 

Was bedeutet «Familie» eigentlich für dich? Mama, Papa, Kinder? Zwei Mamas und Kinder? Oder zwei Papas? Oder bunt gemischt mit Stiefkindern und Stiefeltern? Rund 6% aller Kinder leben in der Schweiz in einer Patchworkfamilie, also mit Stiefmama, Stiefpapa und vielleicht auch Stiefgeschwistern. Die Tendenz ist steigend – und zwar so sehr, dass das Patchwork-Leben in 15 bis 20 Jahren die häufigste Familienform sein könnte. Das Leben mit Bonuskindern macht den Alltag nicht immer ganz einfach – vor allem, wenn die Kids ganz unterschiedliche Besuchsregelungen, Interessen und Einstellungen zu der neuen Bonusmama oder dem neuen Stiefpapa haben. Und auch in Sachen Finanzen, Versicherungen und Recht gibt es ein paar Dinge, die Patchworkfamilien für etwas mehr Sicherheit und Harmonie unbedingt beachten sollten.

Die Finanzen: Ohne Transparenz stürzt ihr schnell von Wolke 7

Vor allem, wenn ihr beide gerade im siebten Himmel schwebt und eure neue Beziehung erst einmal geniessen möchtet, wird das Thema Finanzen oft totgeschwiegen. Wer will sich schon mit Budgets und Unterhaltsbeiträgen auseinandersetzen, wenn es doch so viel Aufregenderes zu tun gibt? Ein paar Dinge solltet ihr aber dennoch klären, wenn ihr euer Patchwork-Leben erfolgreich in Angriff nehmen möchtet. Werfen wir doch zuerst mal einen Blick in unser schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB). Das sagt zu Patchworkfamilien nicht viel. Ausser, dass die leiblichen Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Unterhalt des gemeinsamen Kindes zu decken haben. Wenn das nicht ausreicht, müssen die Stiefeltern zum Unterhalt beitragen. Bonuskinder können ihre Stiefeltern aber nicht auf Unterhalt einklagen und sind auch nicht erbberechtigt (mehr dazu im Rechtsteil weiter unten). Soweit, so klar. Doch neben dem Thema Unterhalt gibt es noch viele andere Punkte, die zu Unstimmigkeiten führen können. Unsere besten Tipps dazu:  

Regelt eure Finanzen ganz klar: Deine neue Partnerin finanziert ihren Exmann und ihre Kinder mit, trägt aber nichts zum gemeinsamen Haushalt bei? Dein neuer Mann überschüttet seine leiblichen Kinder mit Geschenken, für seine Stiefkinder bleibt nichts übrig? Diskutiert eure Finanzen und eure Vorstellung von einem finanziell harmonischen Zusammenleben klar und trefft wenn nötig entsprechende Massnahmen – zum Beispiel getrennte Konten. 

Stellt ein Budget auf: Wie bei allen Familien ist auch für euch ein Budget absolut zentral. Erstellt je ein eigenes Budget, das Alimente und Unterhaltszahlungen mit einschliesst und ein gemeinsames Haushaltsbudget – so könnt ihr am besten definieren, wer was finanziert. Das 3-Konten-System, bei dem ihr je ein eigenes Konto sowie ein Haushaltskonto habt, ist in Patchworkfamilien aufgrund der Unterhaltszahlungen besonders bewährt.

Wisst Bescheid: Du bekommst von deinem Exmann oder deiner Exfrau Unterhaltszahlungen und lebst jetzt in einer neuen Partnerschaft? Dann seid euch im Klaren darüber, dass diese Unterhaltsansprüche verloren gehen, wenn du deinen neuen Partner oder deine neue Partnerin heiratest – ausser, dein:e Ex und du hattet eine andere Vereinbarung. 

Klärt eure Schulden: Ihr zieht als Patchworkfamilie zusammen und der Partner oder die Partnerin hat Schulden? Hilfe! So schlimm muss das aber gar nicht sein. Ihr haftet nicht für die Schulden eurer Partnerin oder eures Partners. Offen darüber zu reden, ist aber dennoch wichtig – schliesslich wollt ihr ja wissen, worauf ihr und eure Kinder euch einlässt.

Seid fair: In eurem Patchwork-Leben wird noch oft eine ganze Menge Fingerspitzengefühl gefragt sein. Wie viel Taschengeld bezahlen wir? Welche Hobbys finanzieren wir den Kindern? Wie siehts mit gemeinsamen Ferien aus? Und was, wenn unsere Ex-Partner alles ganz anders machen? Wenn unsere Bonuskinder eifersüchtig werden und streiten? Besprecht diese Themen von Anfang an und findet eine Lösung, die für euch beide passt und ihr keine eurer Kinder bevorzugt oder benachteiligt. 

Die Versicherungen: die üblichen Verdächtigen – und etwas mehr

Gut versichert zu sein, ist als Patchworkfamilie genau so wichtig, wie als traditionelle Familie. Damit ihr aber nicht Gefahr läuft, über- oder unterversichert zu sein, solltet ihr als Patchworkfamilie die folgenden drei Versicherungen unbedingt prüfen und gegebenenfalls neu abschliessen: 

  1. Privathaftpflichtversicherung: Jede Person sollte in der Schweiz über eine Privathaftpflichtversicherung verfügen. Auch wenn pro Haushalt nur eine Versicherung nötig ist, müssen alle Familienmitglieder in der Police aufgeführt werden. Habt ihr beide bereits eine Privathaftpflichtversicherung und zieht neu zusammen, könnt ihr den am spätesten abgeschlossenen Vertrag kündigen. Haben eure Kinder ihren Hauptwohnsitz eure:r Expartner:in und dort in der Police abgeschlossen, müssen sie in der Regel nicht auch noch bei euch versichert sein – Schäden sind dann schon über die bestehende Versicherung gedeckt. Dies müsst ihr aber explizit prüfen und die Kinder gegebenenfalls in eurer Police mitversichern. 
  2. Hausratversicherung: Ihr macht aus zwei Familien eine? Dann lohnt es sich, auch aus zwei Hausratversicherungen eine zu machen – und die Deckung zu prüfen. Schliesslich kommen beim Zusammenzug neue Wertgegenstände (zum Beispiel Handys, TVs, Designerkleider) dazu, die ihr in die Versicherungssumme mit aufnehmen müsst. Für die Kinder gilt wie bei der Privathaftpflicht: Solange sie an ihrem gesetzlichen Wohnsitz in der Police aufgeführt sind, müssen sie in der Regel nicht auch noch in die Police des anderen Elternteils aufgenommen werden, egal, wie häufig sie sich dort aufhalten. Aber auch das müsst ihr explizit mit eurer Versicherung prüfen. 
  3. Zusatzversicherungen für Krankheiten und Todesfall: Puh, Zusatzversicherungen gibt es so viele, die passende Kombi zu finden kann ganz schön mühsam sein! Besonders wichtig ist hier aber: Krankenzusatzversicherungen wie zum Beispiel Zahnversicherungen solltet ihr unbedingt bestehen lassen. Besonders die Zahnversicherung zu kündigen und neu abzuschliessen, kann ganz schön ins Geld gehen: Wenn Fehlstellungen und Vorerkrankungen erkennbar sind (was nach dem Kleinkindalter schnell der Fall ist), schliesst die neue Versicherung diese aus. Mehr dazu, welche Versicherungen ihr schon vor oder direkt nach der Geburt eurer Kleinen abschliessen sollt, erklären wir hier

Eine neue Lebensversicherung kann sich hingegen für Patchworkfamilien besonders lohnen, um die neue Partnerin oder den neuen Partner abzusichern. So könnt ihr nämlich bestimmen, an wen das Kapital bei einem Todesfall geht. Mehr dazu erklären wir euch im Rechtsteil. 

Das Rechtliche: Vorsorgen, Absichern und Zeugnis unterschreiben?

Darf ich als Bonusmama der Tochter eine Absenzenentschuldigung für die Schule schreiben? Kann ich als Stiefpapa den Sohn zu einem dringenden Arzttermin bringen? Zwar hat das ZGB, wie wir bereits im Kapitel «Finanzen» bemerkt haben, nicht viel Zum Thema Patchworkfamilie zu sagen. Aber immerhin regelt es, dass Stiefeltern ihre Partner:innen in ihrer elterlichen Verantwortung unterstützen– also genau diese und ähnliche Aufgaben übernehmen müssen. Etwas komplizierter wird es bei Fragen rund um die Themen Vorsorge und Erben. Aber auch hier haben wir die wichtigsten Tipps für euch zusammengestellt: 

  • Nicht verheiratet? Setzt trotzdem einen Vertrag auf: Einen Konkubinatsvertrag abzuschliessen lohnt sich als Patchworkfamilie genau so wie als traditionelle Familie. Denn darin könnt ihr alles regeln, was ihr regeln möchtet. Wie der Unterhalt der gemeinsamen Kinder aufgeteilt wird, wie ihr euer Vermögen aufteilt, was im Falle einer Trennung passiert und wer Geld aus eurer Lebensversicherung erhält zum Beispiel. 
  • Kümmert euch um die Vorsorge: Die Leistungen aus der AHV, der IV und des BVG hängen auch in einer Patchworkfamilie davon ab, ob ihr verheiratet seid oder nicht und ob ihr gemeinsame Kinder und / oder Stiefkinder habt. 
    • 1. Säule: Wenn ihr zum Beispiel im Konkubinat lebt und die Frau, die ein leibliches Kind hat, invalid wird, bekommt sie eine Invalidenrente und eine Kinder-Invalidenrente. Wird der Stiefvater invalid, bekommt er nur seine eigene IV-Rente – für die Bonuskinder gibt es keine Kinder-Invalidenrente. Wenn es noch schlimmer kommt und jemand von euch stirbt, bekommt ihr keine Hinterbliebenen-Leistungen aus der 1. Säule. 
    • 2. Säule: Bei der 2. Säule kommt es auf das Reglement der Pensionskasse an. Bei einer Heirat kann sich das aber ändern, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. 
    • 3. Säule: Bei der Auszahlung aus der 3. Säule gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Reihenfolge. An erster Stelle stehen bei Unverheirateten die leiblichen Kinder. Erst danach folgen Partner*in und weitere Familienangehörige. Umso wichtiger ist es, noch zu Lebzeiten zu definieren, wen ihr wie begünstigen und so finanziell absichern wollt. Dazu gleich mehr
  • Irgendwann wird das Testament wichtig sein: Auch wenn der Gedanke an den Tod oft kein besonders schöner ist, solltet ihr euch unbedingt um ein Testament kümmern. Besonders in einer Patchworkfamilie ist es wichtig, abzuklären, wer inwiefern erbberechtigt ist, welche Witwen- oder Witwerrente ihr bekommt und wie hoch die Waisenrente für die Kinder ausfällt. Wichtig: Stiefkinder (und auch Stiefeltern) haben kein gesetzliches Erbrecht. Wenn ihr eure Bonuskinder also an eurem Erbe teilhaben lassen möchtet, ist dies nur via Testament oder Erbvertrag möglich. Beim Thema «Erben» kann es schnell und oft zum Streit zwischen leiblichen Kindern und Stiefkindern kommen – umso wichtiger ist es, dass ihr euren Nachlass frühzeitig und ganz genau in einem Testament regelt. 

Und was, wenn ihr eure Bonuskinder zu euren leiblichen Kids machen möchtet? Eine Adoption ist nach frühestens drei Jahre des Zusammenlebens möglich und nur wenn der neue Stiefpapa oder die neue Stiefmama mindestens 16 Jahre älter als das Stiefkind ist. Und am wichtigsten: der andere leibliche Elternteil muss natürlich die Zustimmung für die Adoption erteilen. 

Ganz generell gelten für Patchworkfamilien die gleichen gesetzlichen Regelungen wie für traditionelle Familien – sofern ihr verheiratet seid. Wenn ihr im Konkubinat lebt, lohnt es sich, Ereignisse wie Invalidität und Tod zusätzlich abzusichern. Am Allerwichtigsten: passt eure Versicherungen und euer Testament auf eure neue Lebenssituation an, sprecht offen über eure Finanzen und seid fair zu euren Kindern – so vermeidet ihr im anspruchsvollen Patchworkalltag zumindest schon mal einige Unstimmigkeiten. 

In der «Rush-Hour des Lebens» auch noch eine Patchworkfamilie zu managen, ist eine echte Herausforderung! Damit ihr dabei nicht den Durchblick verliert, sind wir mit Rat und Tat an eurer Seite. Zum Beispiel mit Spartipps, Tipps zum Thema Teilzeitarbeit und Insights zu eurer Altersvorsorge

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