«Hey, Mama» Gespräch mit Sarah Ramuz

Dürfen wir vorstellen?

Sarah Ramuz – ist Leiterin Private Banking Region Mitte bei der Bank Cler. Sarah und ihr Mann wohnen mit ihren beiden Töchtern in Zumikon.

Sarah, Hand aufs Herz: gibt es die Balance zwischen Familie und Beruf? 

Ja. Eine ganz individuelle Balance, die jeder für sich definiert. Dabei muss ich mir selbst im Klaren sein, was ich wirklich vereinbaren möchte, um ein ausgeglichenes Leben zu führen. Je nach Lebensphase können sich Bedürfnisse auch verändern. Dann gilt es das Modell, dass für die letzten Monate funktioniert hat, anzupassen.

Was sind für dich im Alltag die grössten Herausforderungen?

Für mich sind es die Umstände, die nicht vorhersehbar sind und die Planung über den Haufen werfen. Das kann eine Grippe oder ein Zugausfall sein. Aber Flexibilität lehren uns Kinder von Tag eins und das hilft mir wiederum auch in solchen Situationen Ruhe zu bewahren. Der geplante Weg ist selten der einzige.

Wie viel arbeitest du und welches Pensum ist für dich ideal?

Als die Kinder noch ganz klein waren, habe ich drei Tage pro Woche gearbeitet. Mittlerweile sind unsere Töchter acht und zehn Jahre alt, so dass ich in einem Pensum von 95 Prozent arbeiten kann. Das heisst konkret, dass ich zwar eine normale 42 Stundenwoche habe, aber zwölf zusätzliche Ferientage pro Jahr nehmen kann. Dieses Modell funktioniert für mich sehr gut. Das mussten wir aber als Familie entscheiden und ausprobieren.

Wie sieht eure Teamarbeit aus: wer kümmert sich um was? Besteht Balance zwischen dir und deinem Mann? 

Mein Mann hatte 4 Wochen Vaterschaftsurlaub. In der Zeit hab ich fast keine einzige Windel gewechselt, er hopste stundenlang mit ihr auf dem Yogaball wenn sie Bauchschmerzen hatte, und morgens konnte ich ausschlafen. Aber die Zeit verging im Nu, und plötzlich war ich tagsüber praktisch alleine für sie verantwortlich. Mein Mann arbeitete häufig im Home Office und hat gemacht was er konnte, er hat aber einen anspruchsvollen Job in einem Startup und arbeitet oft bis spätabends. Am Anfang hab ich mich vor allem vom Haushalt überfordert gefühlt. Da ich zuhause war, hatte ich das Gefühl ich sei jetzt auch für Hund, Wäsche, Putzen und jede administrative Aufgabe zuständig. Ich hatte nie Zeit für mich und musste loslassen lernen – wen kümmert’s, wenn die Wäsche eine Woche lang auf dem Wäscheständer hängt? Dazu kommt jetzt eine Babysitterin zwei bis drei Abende pro Woche, so kann ich mal aus dem Haus, auch wenn mein Mann noch Calls hat. Eine Putzhilfe haben wir auch einmal pro Woche. Jetzt wo ich wieder arbeite, sieht die Teamarbeit wieder etwas anders aus: So kümmert sich mein Mann für einen halben Tag pro Woche um die Kleine und ich gehe ins Büro. Wenn ich wieder 100% arbeite werden wir den Rhythmus erneut anpassen müssen, damit es für alle stimmt. Hier ist Kommunikation das Wichtigste.

Was möchtest du deinen Mädchen langfristig mit auf den Weg geben, wenn es um ihre berufliche Entwicklung geht?

Ich wünsche mir, dass sie die Verantwortung für das eigene Glück übernehmen und mutige Entscheidungen treffen. Das ist mir sowohl für ihre berufliche, wie auch die private Entwicklung wichtig.

Wie gelingt es dir zwischendurch abzuschalten?

Am schnellsten gelingt mir das, bei einer Aktivität mit den Kindern oder bei Spaziergängen im Wald mit unserem Hund.

Welchen beruflichen Ratschlag würdest du rückblickend anderen Müttern mit kleinen Kindern geben, die ebenfalls eine Leitungsfunktion anstreben, oder bei der Geburt ihrer Kinder bereits innehaben?

Ich rate ihnen, offen über ihre Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen. Auch würde ich raten, angebotene Hilfe von anderen anzunehmen – und das ohne schlechtes Gewissen. Es werden auch wieder Phasen im Leben kommen, in denen man selbst Hilfe anbieten kann. Was planbar ist, sollte man planen. Trotzdem sollte man auch chaotische Momente akzeptieren.

Was können Arbeitgeber deiner Meinung nach tun, um Familien bei der Vereinbarkeit von Job & Familie zu unterstützen?

Im Grunde geht es darum als Arbeitgeber die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden zu verstehen. Wo mit den Unternehmenszielen vereinbar, sollten Modelle angeboten werden, die auf die Bedürfnisse eingehen. Die Möglichkeit von Homeoffice, flexiblen Arbeitszeitmodellen oder die Option, unbezahlten Urlaub zu beziehen sind Beispiele, die bei der Vereinbarkeit sehr helfen. Das Angebot steigert die Attraktivität von Arbeitgebern und wirkt sich erfahrungsgemäss sehr positiv auf die Produktivität aus.

Was machst du als Leiterin um dein Team bei der Worklife-Balance zu unterstützen?

Ich habe ein hoch motiviertes Team und schenke allen mein vollstes Vertrauen. Die meisten sind übrigens Väter, Mütter oder Grossväter und arbeiten wie ich in einem Teilzeitpensum. Wir disponieren Arbeitszeit und -ort so, wie es für alle Seiten nutzbringend ist. Wertschöpfung passiert nicht selten ausserhalb von Büroräumlichkeiten.

Du arbeitest bei einer Bank. Es geht um Geld, worüber man in der Schweiz kaum redet. Was gibst du euren Kindern bezüglich Geld mit auf den Weg?

Wir lernen den Umgang mit Geld gemeinsam. Sie erhalten Taschengeld, über welches sie frei verfügen können. Sie haben die Möglichkeit das Geld auszugeben, anzusparen oder damit „etwas Gutes“ zu tun. Dabei definieren sie selbst, was in die dritte Kategorie gehört.

Was bedeutet für dich Geld, auch in Bezug zur Kinderbetreuung?

Aus dem Berufsleben auszusteigen, war für mich nie eine Option. Als wir als junge Familie mit den effektiven Kosten für die Kinderbetreuung konfrontiert wurden, sind mein Mann und ich ziemlich erschrocken. Für viele Familien in der Schweiz wird die Berufstätigkeit beider Elternteile zu einem finanziellen Null-Summen-Spiel und Mütter erwägen deshalb mit dem aktiven Erwerbsleben zu pausieren. Das ist nachvollziehbar. Es braucht jedoch Modelle, die hier Unterstützung bieten. Ich bin überzeugt, dass Kita, Mittagstisch und Ferienbetreuung für Kinder eine grosse Bereicherung sind. Auf der anderen Seite ist es für Unternehmen essentiell, dass talentierte und gut ausgebildete Fachkräfte weiterbeschäftigt werden können.

Awina ist die Partnerin während der Rushhour of Life. Sie unterstützt junge Familien bei der Kita- Finanzierung und setzt sich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf & Familie ein. Wie aber sieht Vereinbarkeit eigentlich im Alltag aus? In der Serie «Hey, Mama», «Hey, Papa» sprechen berufstätige Eltern offen über ihre Erfahrungen und Herausforderungen als Working Parents und geben Einblick, wie sie persönlich Kind und Karriere unter einen Hut bringen.

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