«Hey, Papa» Gespräch mit Fabian Amstutz

Dürfen wir vorstellen?

Fabian Amstutz ist selbständiger Präsentations-Trainer und Speaker. Er unterstützt Menschen authentisch und wirkungsvoll präsentieren zu können, damit die eigene Botschaft Begeisterung auslöst und der Auftritt in Erinnerung bleibt. Er ist teilzeitbeschäftigt bei der BLS AG und nebenbei Dozent an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) & HSO Wirtschafts- & Informatikschule Schweiz sowie Organisator von TEDxThun. Er ist Papa von drei Kindern.

Du trainierst Menschen selbstsicher, überzeugend und authentisch auftreten zu können. Was bringst du aktuell deinen Kindern bei? In was «trainierst» du sie? 

Ich trainiere insbesondere mich selbst, um sie nicht in ein Raster zu drücken, was sie so nicht möchten. Sie sollen sich in ihrem Tempo frei entwickeln dürfen. Mich hat vor kurzer Zeit ein neuer Song der Red Hot Chili Peppers inspiriert bzw. eine spezielle Zeile aus “She’s a lover”: «the flower pink on the tree, but if you pick it to see – will it be wild and free?” Sobald du die “Blume” pflückst und dominieren willst, verwelkt sie. Das ist mein neuer Leitsatz in der Begleitung meiner Söhne.

Da aber die Angst vor Menschen zu sprechen, die meist genannte Angst ist und dies oft auf die Kindheit und die Schule zurückzuführen ist, leite ich sie an, dass sie Alltagssituation selbständig meistern können und so positive Erfahrungen machen. Beispielsweise bestellen sie ihr Essen selbst. Sie in kleinen Schritten zu begleiten, wo sie sonst noch zurückhaltend sind, das mache ich bewusst. So möchte ich sie bestärken, dass es in Ordnung ist selbstsicher, laut und wild zu sein.

Deine Frau ist die Co-Trainerin, wie beschreibst du euren Teamspirit? 

Sie ist für mich mehr als eine Co-Trainerin. Sie ist hinsichtlich Erziehung und Beziehung ein grosses Vorbild für mich. Das war sie schon immer. Ich denke, unser Teamspirit beruht auf Vertrauen, Respekt und Dankbarkeit – drei für uns sehr zentrale Werte. Und wichtig für uns ist, dass wir unsere Beziehung trotz Kindern pflegen. So «daten» wir uns immer noch mindestens 1 Mal im Monat. Zudem geben wir uns Freiräume und Zeit, die wir benötigen. Sind wir ausgeglichen, sind es normalerweise auch die Kinder. Es fängt immer bei uns bzw. bei mir selbst an.

Was sind für dich als «Working Dad» und engagierte Person im Alltag die grössten Herausforderungen?

Es sind bei mir nur phasenweise starke Auslastungen. Als Dozent bin ich beispielsweise über das Jahr gerechnet nur etwa drei Stellenprozente angestellt. Auch die anderen Beschäftigungen sind mehr oder weniger flexibel in der Ausgestaltung. In den heissen Phasen ist es aber mein Zeitmanagement, was mir manchmal Sorgen bereitet. Wenn ich Stress habe, dann liegt es an der schlechten Planung im Vorfeld. Auch Prokrastination hilft nicht, leider ein guter Bekannter von mir ;-). Aber Hand aufs Herz: Meine grösste Herausforderung ist, dass ich mich oft selbst vergesse und in erster Linie für mein engstes Umfeld sorge.

Was sind Momente im Leben deiner Kinder, die du auf keinen Fall verpassen willst?

Es sind nicht spezielle Momente oder Ereignisse, die ich nicht verpassen möchte. Zugegeben, die möchte ich alle auch nicht missen. Was mir persönlich aber viel wichtiger ist, ist die achtsame Beziehung, die ich zu meinen Kindern pflege. Mein innerlichster Wunsch ist es, dass sie in mir jemanden sehen, dem sie vertrauen und auch alles erzählen dürfen – ohne Konsequenzen oder Strafen befürchten zu müssen. Im Gegenteil, dass ich ihre Anliegen und Probleme ernst nehme und sie sich so jederzeit und in jedem Alter auf einen vertrauensvollen Halt verlassen können.

Es geht nicht immer beides. Wie gehst du damit um, wenn du dich zwischen beruflichen und familiären Verpflichtungen entscheiden musst? Was geht vor?

Ich habe mich vor ein paar Jahren tiefgründig mit meinen Werten befasst. Und mein gewichtigster Wert ist: Family first.

Dadurch habe ich mir auch schon die eine oder andere grosse Chance verbaut. Aber Entscheidungen fallen mir seit der Definition meiner Werte viel einfacher. Früher wollte ich immer alles möglich machen und unter einen Hut bringen – die Zeiten sind vorbei und ich bin nicht ganz unglücklich darüber.

Inwiefern ist Vereinbarkeit für dich – insbesondere in deiner Rolle als selbständiger Trainer – bei der Arbeit ein Thema?

Weil ich eine starke Bindung zu meinen Kindern haben will und dies auch aktiv pflege, ist mir die Vereinbarkeit unglaublich wichtig. Es ist einfach alles eine Frage der Planung und des effektiven Zeitmanagements. Der Tag hat 24 Stunden und viele Leerzeiten. Ich lernte stark diese Leerzeiten zu nutzen. Und wenn die Kids dann schlafen, beginnt halt nochmals eine kurze Schicht für mich.

Was ist dein ideales Pensum (und warum)?

Ich habe kein ideales Pensum. Ich stelle mich gerne den aktuellen Herausforderungen und finde rasch gute Lösungen zusammen mit meiner Frau. Es gibt für mich keine klaren Grenzen. Wenn ich eine genauere Antwort auf diese Frage geben müsste, dann wäre es für mich wohl 50% Arbeit und 50% zu Hause mit den Kindern. Ich könnte mir ehrlich gesagt auch vorstellen komplett zu Hause zu bleiben, bis die Kinder ein entsprechendes Alter erreicht haben.

Was möchtest du als Papa in Zukunft besser machen? Und wo bist du mit dir selber ganz happy?

Diese Liste ist lang. Genauso wie Persönlichkeitsentwicklung nie zu Ende ist, ist auch die Entwicklung als Papa nie abgeschlossen. Da habe ich täglich kleinere oder grössere Learnings. Auch die ganzen Muster, die ich noch auflösen darf und die jetzt erst durch meine Kinder gespiegelt werden – das ist nicht immer schön – sich diesen zu stellen. Ich mag aber tiefgehende Prozesse und nehme sie dankend an, auch wenn es anstrengend ist.

Was mir wohl bisher gut gelungen ist, ist echt zu sein als Vater. Das heisst auch mal meine eigene Verletzlichkeit zu zeigen und nicht zu unterdrücken. Unsere drei Jungs sind in der Lage gewisse Gefühle und Emotionen zu benennen – und ich erachte das nicht als selbstverständlich. Insbesondere Jungs hören sonst oft «Ein Indianer kennt keinen Schmerz», «du bist doch kein Mädchen», und weitere Floskeln. Bewusst Vater sein zu wollen mit einem intrinsischen Interesse an einer guten Bindung – das ist mir bisher sicherlich nicht so schlecht gelungen.

Bei TEDxThun geht es um die «Ideas worth spreading». Was möchtest du später mal mit deinen Kindern teilen?

Gemeinsame Erinnerungen an eine schöne Zeit. Wenn sie selbst erwachsen sind und auf beiden Beinen stehen, dann wünsche ich mir, dass wir nach wie vor eine gute Beziehung pflegen. Ein grosses aber sicherlich auch machbares Vorhaben.

Haben Frauen und Männer beim Präsentationstraining ähnliche Bedürfnisse oder kannst du Herausforderungen feststellen, die “typisch Frau” respektive “typisch Mann” sind? 

Typisch Frau und typisch Mann in diesem Sinne nicht. Grundsätzlich geht es bezüglich Auftrittskompetenz bei allen immer wieder um dieselben Herausforderungen.

Was ich in meinen Trainings und Erfahrungen gemerkt habe ist, dass Männer eher mal darauf los gehen und einfach versuchen. Frauen, mit denen ich arbeiten durfte, gehen bedachter und perfektionistischer vor und wagen sich eher zu einem späteren Zeitpunkt mehr. Das steht ihnen manchmal im Weg. Spannend ist, dass sich etwas am Verändern ist: Mittlerweile habe ich mehr Teilnehmerinnen an den Trainings und Seminaren als Teilnehmer – in der Relation sind es zirka drei Mal mehr Frauen als Männer.

«Public Speaking» ist eigentlich ganz einfach und für jede:n erlernbar. Zielführende Methoden zu kennen gibt Sicherheit.

Wo Frauen einen unbemerkten Vorteil haben ist, wenn es darum geht «Storytelling» effektiv umzusetzen – was in meinen Kreisen zur Meisterdisziplin gehört. Hier merke ich, dass sie einen anderen Zugang zum Thema Emotionen haben. Frauen gelingt es sehr gut, dieses dann auch aufs Publikum zu übertragen. Da können Männer von anderen männlichen Vorbildern wie beispielsweise Steve Jobs oder Simon Sinek einiges lernen.

Awina ist die Partnerin während der Rushhour of Life. Sie unterstützt junge Familien bei der Kita- Finanzierung und setzt sich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf & Familie ein. Wie aber sieht Vereinbarkeit eigentlich im Alltag aus? In der Serie «Hey, Mama», «Hey, Papa» sprechen berufstätige Eltern offen über ihre Erfahrungen und Herausforderungen als Working Parents und geben Einblick, wie sie persönlich Kind und Karriere unter einen Hut bringen.

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